Die Ausstellung "BAKKIE ?!" von Berendina Michelle Broeks*

Berendina liebt feines Porzellan. Am meisten schätzt sie Belleek aus Irland. Wenn sie damit einen Tisch deckt, ist es ein Fest, mit oder ohne Anlass, aber am liebsten mit allerbestem Kaffee. Berendina ist Genießerin.

Um so erstaunlicher sind ihre eigenen Beiträge zum Thema Tassen und Untertassen. Sperrige, klobige, kantige, schwerfällige oder federleichte, grellgefärbte, eigenwillige Skulpturen aus verwegenen Materialien, meist völlig ungeeignet Flüssigkeit zu halten, ein aberwitziger Gedanke daraus trinken zu wollen.

Bakkie? fragen die Holländer salopp wenn sie Freunden eine Tasse Kaffee anbieten und diese Frage hat Berendina als Titel für ihre Ausstellung gewählt. Bakkie ist holländische Umgangssprache und ist eine Koseform von bak, bak bedeutet Becken. Bak assoziiert man mit etwas Großem, wo viel hineinpasst. Ein havenbak ist ein Hafenbecken, ein bakfiets ein Transportfahrrad mit einer enormen Ladekiste. Ein Becken Kaffee gefällig? Einen Kasten Tee?

Berendina Michelle Broeks, Rotterdam 2000Das Wort gibt die Richtung an und weist auf die Ausmaße ihrer Tassen. Manche sind einen Meter groß.

Berendina führt ihr Thema durch in Anlehnung an den Kodex des ehemaligen Bauhausdozenten Johannes Itten. Er hat die Grundfarben Rot, Blau und Gelb den Grundformen Viereck, Kreis und Dreieck zugeordnet und die sekundären Farben den davon abgeleiteten Formen.

Diesen Kodex sieht man in Berendinas Werken recht strikt angewendet und man versteht nun die Grellheit der Farbgebung sowie die Geometrie der Formen. Berendina ordnet gern. Ein typischer Zug im Land von Mondriaan und Rietveld? Holland aus der Luft gesehen ist ein später Mondriaan. Mondriaan hat in den Niederlanden durch seine Geometrisierungen vielleicht ebenso viel zur Demokratisierung der Kunst beigetragen wie in Amerika Keith Hearing durch seine Reduzierung der menschlichen Gestalt auf's Strichmännchen oder in Deutschland Beuys durch seine Anerkennung des Künstlers in jedermann.

Berendinas Resultate verblüffen. Sie sind nicht nur Ausführungen eines straffen Konzepts. Jede Kombination ergibt ein starkes Individuum das absticht von Gewohnheit und Massenprodukt. Hierbei spielt die Wahl des Materials eine große Rolle. Man sieht Verkehrsschilder und Gehwegplatten sich in Untertassen verwandeln worauf Keramik, Karton oder Eisen thront. Holz sehen wir kombiniert mit Styropor, glibbriges Silicon mit Stein usw.

Die handwerkliche Ausführung steigert das Befremden noch. Auf den ersten Blick ungelenk und scheinbar jeden Moment auseinanderfallend, auf den zweiten stabil und gewissenhaft zusammengefügt ohne Scham vor den Spuren von Handarbeit. Schulbeispiele künstlerischer Materialbehandlung.

Die Befremdung beim Betrachten kommt in den deutschen Titeln am besten zum Ausdruck: "Fliegende Untertasse", oder "Gelandete fliegende Untertasse" oder gar "Fast gelandete fliegende Untertasse". Diese Titel weisen auf die außerirdische Heimat dieser Gebilde und führen einen ähnlich schmunzelnden Unterton mit sich wie das holländische "bakkie".

Die Zielbestimmung dieser Ufos ist der luftleere Raum der Kunst, das Weiß des Museums, aber selbst hier scheinen sie aus der Reihe zu tanzen. Sie sind widerborstig, Erinnerungen an profane Gebrauchsgegenstände denen die Brauchbarkeit mit einem Lächeln ausgetrieben ist. Nur zum Bestaunen sind sie da, allenfalls zum verwunderten Befühlen. Auch auf menschenleeren Planeten könnten sie bestehen. Im ganzen Weltraum sind sie Symbol ihrer Schöpferin.

Winfried Kamps, 2000.

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*in deutsch sprich "Brux"